„Den Stau von oben sehen“?

Meinen sie das wirklich Ernst? Man weiß es nicht. Die von Markus Weßling in seinem Bericht in der Waltroper Zeitung vom 30. April implizierte Frage, ob die örtliche SPD im Wahlkampfjahr nicht nur eine weitere Nebelkerze zünden will, lässt sich nicht abschließend klären. Vielleicht nur noch nicht.

Denn weder der unsinnige Vorschlag von einem Shuttle-Service auf dem Dortmund-Ems-Kanal, noch das sinnige Vorhaben Kreisverkehre auf der Leveringhäuser Straße zu installieren, wurden von Genoss*innen jemals viel weiter gedacht als über den medialen Aufmacher hinaus.

Foto (c): Bernd Schäfer

Jetzt soll eine H-Bahn zur Entlastung der Waltroper Verkehrssituation beitragen. Ein Hängebahnsystem mit einer schwebenden Fahrgastzelle in einer vom Straßenverkehr unabhängigen Trasse, die vollautomatisch, witterungsgeschützt und umweltfreundlich leise laufend, täglich mehrere tausend Fahrgäste transportieren kann.

An sich eine coole Idee. Natürlich kann man daran viele Fragen stellen, beispielsweise zum Streckenverlauf oder ob die vorhandenen Steigungen mit dem System überhaupt umsetzbar sind. Und natürlich zur Finanzierung. Setzt man die rund 7,0 Kilometer lange Strecke von der Waltroper Innenstadt bis zum Mengeder Bahnhof in Relation zum Aufwand des Sky-Train am Düsseldorfer Flughafen, dann muss man über den Daumen mit Investitionen in der Höhe von zirka 420 Millionen Euro rechnen.

Eine Menge Holz. Unter der Voraussetzung, dass davon der Bund 75 Prozent, das Land 20 Prozent und die beteiligten Städte den Rest tragen würden, dann wären das bei einem Waltrop/Dortmund-Verhältnis von 4/3, etwa 12 Millionen Euro die unsere Stadt aufzubringen hätte. Keine kleine Summe, insbesondere bei einem Haushaltsvolumen von etwa 70 Millionen. Hinzu kämen die nicht unerheblichen Betriebskosten.

Aber trotzdem kein Grund, den Antrag der SPD gleich zu verwerfen, weil es ja 1. nur um eine Übersicht auf der Basis einer Studienarbeit geht, der Kostenrahmen überschaubar bleibt, 2. jegliche Initiative, die aufzeigt, dass es zur B474n Alternativen geben kann, sympathisch ist und man unterstützen sollte und 3., weil man auch in Waltrop damit anfangen muss, zukunftsfähige regionale Mobilitäts- und Verkehrskonzepte zu entwerfen.

Doch da fangen die wirklichen Fragezeichen an. Nicht nur, dass die Waltroper SPD ihre Initiative zunächst mit einer Fotografie von Eisenbahnschienen illustriert, und man sich fragen muss, ob denn allen Genoss*innen so klar ist, was sie da fordern. Sie werben zudem für ihr Projekt mit dem Slogan „Den Stau von oben sehen“.
Mmh, denkt sich da der interessierte Zeitgenosse, die aufmerksame Leserin. Wenn man schon soviel an Monetärem in Bewegung setzt, dann will man doch gar keine Staus mehr sehen.

Auch wenn man das als eine semiotische Feinheit relativieren kann: In einem integrativen Raum-Verkehrs-Konzept, was die Zukunftsfrage stellt, ist nicht zentral, wie man schnell wegkommt, sondern wie man sich in einem Mobilitäts-Netzwerk optimal und nachhaltig bewegen kann.

Das setzt beispielsweise voraus, dass man grundsätzlich ein Nahverkehrskonzept für die Region Waltrop/Datteln/Olfen/Brambauer entwickelt, welches man in ein überregionales Verkehrsnetzwerk mit Anschlüssen an den RS1, den RRX sowie mit Anbindungen an die umliegenden Universitätsstädte integriert, statt auf Leuchttürme zu fokussieren.

Solche konzeptionellen Perspektiven vermisst man allerdings im Entwurf der SPD. Nun denn. In ihrem Antrag formulieren die Sozialdemokrat*innen aber auch den Wunsch, mit solch’ einer H-Bahn zur Entlastung des Klimas beizutragen. Das kann man nur voll unterstützen.

Ob es ihnen damit aber wirklich Ernst ist, wird man auf der nächsten Ratssitzung am 05. Mai sehen können, wenn über den Antrag des Waltroper Aufbruchs entschieden wird, die Planungen für die B474n zu stoppen, um zum Klimaschutz beizutragen. Wir sind gespannt.

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